Enno Poppe

Neu gehört: Enno Poppe

5 Fragen an die Komponist:innen des Neue-Musik-Festivals »Elbphilharmonie Visions«.

Geht es um Komponist:innen klassischer Musik, denken viele an alte Meister wie Beethoven oder Mozart. Dass auch die Gegenwartsmusik »so reich und vielfältig wie die Menschheit selbst« (Alan Gilbert) sein kann, beweist das Festival »Elbphilharmonie Visions«. Dort steht ausschließlich die Musik zeitgenössischer Komponist:innen auf dem Programm. Das ist nicht nur musikalisch spannend, sondern bietet auch die großartige Chance, den Schöpfern Fragen zu ihren Werken und zum Komponieren selbst zu stellen. Wie funktioniert Komponieren überhaupt? Haben sie vorher schon eine konkrete Vorstellung von dem Werk oder entsteht es erst beim Schreiben? Was für eine Rolle spielt die Umgebung? Und was wünschen sie sich für ihre Musik?

Davon berichten die Komponist:innen des Festivals in Kurzinterviews – in dieser Ausgabe mit dem deutschen Komponisten und Dirigenten Enno Poppe. Beim Festival »Elbphilharmonie Visions« bringt er gemeinsam mit dem Ensemble Modern sein Werk »Körper« auf die Bühne, in dem sich das Orchester immer wieder verwandelt – »Freejazz, Bigband, Balkan-Banda, arabischer Tacht und zügellos improvisierende Chaos-Truppe«, fasst es die Neue Musikzeitung zusammen.

Wie klingt Enno Poppe?

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Enno Poppe
Enno Poppe Enno Poppe © Harald Hoffmann

Wie ausgeprägt ist Ihre innerliche Vorstellung von einem Werk, ehe Sie sich daran machen, es zu komponieren?

Mozart hat einmal gesagt: »Ich habe mein Stück schon komponiert, ich muss es nur noch aufschreiben.« Komponieren ohne innere Vorstellung ist nicht möglich. Ich kann mir ein ganzes Stück in meinem Kopf vorstellen. Allerdings verändern sich die Ideen beim Aufschreiben oft ganz erheblich, denn das Aufschreiben ist kein mechanischer Vorgang. Im Kopf ist manches improvisatorisch und flüchtig, auf dem Papier wird es klarer und strukturierter.

Welche Rolle spielt das Außermusikalische für Ihr Schaffen?

Ich weiß nicht genau, was das heißt. Dadurch, dass ich etwas in Musik verwandle, ist es nicht mehr außermusikalisch. Der Prozess des Komponierens ist der, dass aus allem Musik werden kann.

Beim Festival »Elbphilharmonie Visions« wird zeitgenössische Orchestermusik so kompakt und prominent aufs Programm gesetzt wie wohl in keinem anderen Konzerthaus der Welt – neun Abende hintereinander erklingen 18 Werke von 18 Komponistinnen und Komponisten. Finden Sie das sinnvoll, oder halten Sie das für die falsche Strategie? 

Festivals sind fantastisch. Sie erzeugen Aufmerksamkeit. Das gilt für Filmfestspiele, große Ausstellungen genauso wie für Musikfestivals. Die gleichen Filme, die bei der Berlinale ausverkauft sind und für die Zuschauer geduldig in langen Schlangen warten, sind beim regulären Kinostart oft kaum besucht. Das spricht für die Idee des Festivals. Natürlich wäre es besser, wenn das Interesse des Publikums das ganze Jahr hindurch gleich intensiv und auf alle Arten von Kultur gerichtet wäre, aber wie soll man das schaffen?

Was braucht die Neue Musik, um die Liebe des Publikums zu gewinnen? 

Neue Musik wird geliebt. Die Festivals, die es in der ganzen Welt gibt, sind voll. Das Interesse ist riesig. Was wir brauchen, ist ein Umgang mit neuer Musik, der von Neugierde und Begeisterungsfähigkeit getragen ist. Bei anderen Sachen geht das ja schließlich auch, etwa beim Essen oder bei Fernreisen: der Genuss liegt darin, dass wir es noch nicht kennen.

Was wäre Ihr Traum vom Konzertleben – heute und in der nahen Zukunft? 

Bei Literatur und Film ist es normal, dass das Publikum die neuen Bücher und Filme liest und anschaut. Ich wünsche mir, dass das bei der Musik mit derselben Selbstverständlichkeit geschieht, ohne dass man immer wieder erklären muss, warum es neue Stücke braucht. Würden nur alte Filme gezeigt, könnte man die Kinos schließen. Neue Musik zu spielen ist die Existenzsicherung unserer Konzerthäuser.

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Die Musik von Enno Poppe bei »Elbphilharmonie Visions«

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