Iveta Apkalna

Iveta Apkalna & Ensemble Resonanz

Musikfest 2021: Die Titularorganistin spielt Werke von Poulenc und Bach – am Pult steht der Alte-Musik-Experte Riccardo Minasi. Verfügbar bis 10.5.2022.

Schon seit der Eröffnung der Elbphilharmonie begeistert die lettische Organistin Iveta Apkalna ihr Hamburger Publikum. »Wie ein Popstar« wird sie laut Hamburger Abendblatt nach ihren Konzerten gefeiert. Gemeinsam mit dem Hamburger Ensemble Resonanz präsentiert die Titularorganistin Werke von Francis Poulenc und Johann Sebastian Bach.  

In ihrem Livestream aus dem Großen Saal widmen sich das Streicherkollektiv und Riccardo Minasi außerdem Mozarts »Linzer Sinfonie«. Wie sehr ihnen die Musik des österreichischen Komponisten liegt, haben die Musiker schon in mehreren hervorragenden Einspielungen gezeigt: »Mozart wie unter Starkstrom« betitelt der Deutschlandfunk eine Jubelkritik über die gemeinsamen Interpretationen vom Ensemble Resonanz und Minasi, die »sich auf einem Energielevel bewegen, das neue Maßstäbe setzt.«

Hinweis: Alle Konzerte des Internationalen Musikfests 2021 stehen als kostenlose Streams zur Verfügung und sind nach der Erstausstrahlung für den gesamten Festivalzeitraum abrufbar.

Alle Konzerte des Musikfests 2021 auf einen Blick.

Ensemble Resonanz Ensemble Resonanz © Daniel Dittus
Riccardo Minasi Riccardo Minasi © Daniel Dittus
Ensemble Resonanz Ensemble Resonanz © Daniel Dittus
Ensemble Resonanz Ensemble Resonanz © Daniel Dittus
Ensemble Resonanz Ensemble Resonanz © Daniel Dittus

Besetzung

Ensemble Resonanz

Iveta Apkalna Orgel

Leitung Riccardo Minasi

Programm

Johann Sebastian Bach
Konzert für Orgel und Streicher D-Dur

Francis Poulenc
Konzert für Orgel, Streichorchester und Pauken g-Moll FP 93

Wolfgang Amadeus Mozart
Sinfonie C-Dur KV 425 »Linzer«

Gesamtdauer: ca. 90 Minuten

 

Die Künstler

Ensemble Resonanz

Ensemble Resonanz
Ensemble Resonanz © Tobias Schult

Riccardo Minasi – Dirigent

Riccardo Minasi
Riccardo Minasi © Jann Wilken

Iveta Apkalna – Orgel

Iveta Apkalna
Iveta Apkalna © Aiga Redmane

Zur Musik

Eine außergewöhnliche Premiere: Alter Bach in neuer Form :Die Geschichte hinter Bachs Konzert für Orgel und Streicher

»Ich muss vor allem prüfen, ob das Werk eine gute Lunge hat«, soll Johann Sebastian Bach im Scherz zu sagen gepflegt haben, wenn er wieder einmal als gefragter Orgel-Gutachter ein Instrument testete. Berichten seines Schülers Agricola nach zog der Barockmeister also zunächst einmal alle Register des Instruments, um zu sehen, was an Klang herauszuholen ist.

Als unvergleichlicher Orgel-Fan – mit einem großen Interesse für Instrumentenbau und auf der Suche nach Vorbildern und Gleichgesinnten – legte Bach Hunderte von Kilometern zurück, um verschiedene Instrumente kennenzulernen und Kollegen wie Dietrich Buxtehude in Lübeck und Johann Adam Reincken an der Hamburger Kirche St. Katharinen zu treffen. Und das alles – man stelle sich vor – zu Fuß: 400 Kilometer waren es beispielsweise von seinem einstigen Arbeitsplatz in Arnstadt nach Lübeck, eine Strecke, für die er wochenlang unterwegs war. Ob dem Orgelkenner die Elbphilharmonie-Orgel gefallen hätte? Ja, meint Iveta Apkalna: »Ich habe zum Kennenlernen der Orgel gleich als erstes Bachs Trio-Sonate gespielt und ich kann sagen: Bach klingt sehr gut in der Elbphilharmonie!«

Mit seinen über 220 Orgelwerken gilt Bach als »der« Orgelkomponist schlechthin. Seine Kompositionen zeugen davon, dass er die Grenzen des Instruments immer wieder auszutesten bereit war. Als legendärer Organist seiner Zeit schrieb er dabei Stücke, die mit ihren technischen Ansprüchen Interpreten bis heute besonders herausfordern.

Johann Sebastian Bach
Johann Sebastian Bach © Elias Gottlob Haussmann/Wikimedia Commons

Wer schon einmal durch das Verzeichnis der Bachschen Orgelwerke geblättert hat, mag sich jedoch wundern: Ein Orgelkonzert in D-Dur kommt darin nämlich nicht vor. Neben den vielen Choralbearbeitungen, virtuosen Toccaten und Präludien, großen Fantasien und komplexen Fugensätze finden sich zwar sechs Orgelkonzerte mit Bachs Namen darüber, dabei handelt es sich allerdings um Bearbeitungen anderer Instrumentalkonzerte von seinen Kollegen wie Antonio Vivaldi.

Eine strenge Rekonstruktion eines Originalwerkes ist das D-Dur-Konzert also nicht. »Ein Werk, wie Bach es für die Orgel so im Kopf gehabt haben könnte«, hingegen schon, verspricht Riccardo Minasi, unter dessen Federführung das Projekt realisiert wurde. Die Geschichte des Konzerts geht dabei einige Umwege durch Bachs Œuvre: Sie beginnt bei drei verschiedenen Kantaten, in denen sich der Orgelkomponist Bach in großen instrumentalen Eingangssätzen austobte. Weil er wohl selbst nachhaltig Gefallen daran fand, stellte er diese Sätze kurzerhand zu einem Konzert für Cembalo und Orchester zusammen und arbeitete den Solopart weiter aus – »mit einem Cembalo kann man natürlich viel schnellere Tonfolgen spielen als mit einer Orgel«, erklärt Minasi.

Im Grunde ist das Orgelkonzert in D-Dur also die naheliegende Kombination aus dem Konzept eines Solokonzertes, das auf die Instrumentalsätze der Kantaten zurückgeht, und der Originalbesetzung für Orgel. »Ich spiele jeden Tag Bach, wirklich jeden Tag. Und das ist eine ganz besondere Premiere für mich«, freut sich Titularorganistin Iveta Apkalna.

Text: Julika von Werder

»Es ist etwas ganz Besonderes, das ganze Spektrum dieser tollen Orgel in einem Konzert präsentieren zu können: Im Bach zeigt sich ihre filigrane und elegante Seite, im Poulenc hingegen kann ich an einzelnen Stellen schon mal alle Register ziehen.«

Iveta Apkalna

Hommage an Bach :Poulencs Konzert für Orgel, Streichorchester und Pauken

»Analysieren Sie meine Musik nicht – lieben Sie sie!« Dieser Ausspruch des französischen Komponisten Francis Poulenc steht sinnbildlich für seinen direkten, stets unverblümten Zugang zur Musik. 1899 geboren, ein Pariser Lebemann durch und durch, gilt Poulenc heute als einer der wichtigsten französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts.

Rückblickend könnte man sagen: Poulencs Musik kam zur rechten Zeit, denn in den 1920er Jahren rumorte es in der Pariser Kunst- und Kulturszene. Viele empfanden die gegenwärtige klassische Musik als erdrückend und realitätsfern. Die metaphysisch aufgeladenen Opern Richard Wagners lehnten sie ebenso ab wie die vieldeutigen Klangwolken Claude Debussys. Schlichtheit und Bodenständigkeit waren die Zauberwörter der Stunde.

So formierte sich im Umfeld des Dichters Jean Cocteau eine lose Gruppe von Komponisten, der neben Eric Satie, Arthur Honegger und Darius Milhaud auch Francis Poulenc angehörte: die Groupe des Six. Alltagsnah und verständlich solle Musik sein, so lautete ihr Credo; in ihren Werken provozierten sie mit Versatzstücken aus Jazz, Varieté- und Zirkusmusik.

Auf diesem Nährboden fand Poulenc zu seinem Stil. Viele seiner Stücke sind überraschend kurz, tänzerisch und eingängig. Komplizierte Techniken verwendete Poulenc höchstens, um sich über sie lustig zu machen – Ironie und schräge Momente gibt es in seiner Musik zuhauf. Mit Vorliebe imitierte der Komponist etwa Stile aus vergangenen Jahrhunderten.

Francis Poulenc (Postkarte, 1923)
Francis Poulenc (Postkarte, 1923) © Library of Congress

So etwa auch in seinem Konzert für Orgel, Streicher und Pauke, das er auf den Wunsch der großen Pariser Musikmäzenin Prinzessin Edmond de Polignac komponierte: Orgelwerke waren zu Poulencs Lebzeiten nämlich eigentlich gerade nicht en vogue. Die »Königin der Instrumente« hatte ihre Blütezeit vielmehr in der barocken Welt von Antonio Vivaldi und Johann Sebastian Bach, deren Werke Poulenc ausführlich studierte. So wird sein 1938 entstandenes Konzert häufig als Hommage an den Altmeister Bach verstanden, dem er einige Jahre zuvor schon Klavierimprovisationen über den Tönen B-A-C-H widmete.

Was für die Komposition eines Orgelkonzertes – grundsätzlich ein Sound, den man vor allem aus der Kirche kannte – für Poulenc ebenfalls eine Rolle gespielt haben wird, ist eine neue Hinwendung zum katholischen Glauben: Nach einem Besuch im südfranzösischen Wallfahrtsort Rocamadour, wandte er sich komponierend religiösen Inhalten zu und schrieb diverse geistliche Musik, darunter ein »Stabat mater« und mehrere Messen. »In Poulenc finden wir den Mönch und den Straßenjungen.«, kommentierte der Schriftsteller Claude Rostand – zwei charakterliche Extreme, denen Poulenc selbst sich während der Komposition allzu bewusst war: An seine Pariser Auftraggeberin schrieb er: »Das Konzert hat mir viel Schmerz bereitet. Es ist nicht vom gefälligen Poulenc des Konzerts für zwei Klaviere, sondern eher vom Poulenc auf dem Weg ins Kloster, sehr nach Art des 15. Jahrhunderts, wenn man so will.«

Text: Laura Etspüler/Julika von Werder

»Mozarts ›Linzer‹ Sinfonie ist eines seiner Stücke mit den allermeisten Ideen und Melodien.«

Riccardo Minasi

GENIESTREICH AUS VERLEGENHEIT :Mozarts »Linzer« Sinfonie

Drei Jahre sind seit Mozarts Abgang aus Salzburg verstrichen, drei Jahre, in denen er einen Bogen um seine Heimatstadt gemacht hat. Inzwischen hat er geheiratet, und offensichtlich scheint Vater Leopold mit der Brautwahl nicht besonders glücklich. Eine offizielle Einladung bleibt jedenfalls aus. Im Spätsommer 1783 aber reisen die Eheleute Mozart nach Salzburg. Auf dem Rückweg nach Wien treffen sie auf den jungen Grafen von Thun-Hohenstein, der den Mozarts eine Einladung seines Vaters nach Linz überbringt, und so legt man dort einen dreiwöchigen Zwischenstopp ein. An den Vater schreibt Wolfgang: »Ich kann Ihnen nicht genug sagen, wie sehr man uns in diesem Hause mit Höflichkeit überschüttet. Ich werde hier im Theater eine Academie geben. Und weil ich keine einzige Sinfonie bei mir habe, so schreibe ich über Hals und Kopf an einer neuen, welche bis dahin fertig sein muss. Nun muss ich schlüssen, weil ich notwendigerweise arbeiten muss.«

Wolfang Amadeus Mozart
Wolfang Amadeus Mozart © Museo internazionale e biblioteca della musica Bologna

Diese Sinfonie bildet, trotz der Eile ihrer Entstehung, ein Scharnier: Sie führt fort, was Mozart in früheren sinfonischen Werken begonnen hat, sie lehnt sich eng an Joseph Haydn an, und sie bereitet die vier noch folgenden Sinfonien vor. Wohl bei kaum einem anderen Werk fällt der Spagat zwischen hastiger Gelegenheitskomposition und wegweisendem Geniestreich so extrem aus. Denn trotz aller Zeitnot wagt Mozart Neues, unter anderem schreibt er erstmals eine langsame Einleitung zum Kopfsatz einer Sinfonie. Der friedvolle zweite Satz kommt zunächst wie eine Pastorale daher, eine idyllische Naturmusik. Doch Mozart setzt auch Pauken und Trompeten ein und verleiht der Musik dadurch eine tragische Note. Und im Finale legt er Gegenstimmen kreativ in den Bass und gönnt sich zwischendurch ein kleines Fugato – ein Vorgriff auf die große Fuge in seiner letzten, der »Jupiter«-Sinfonie.

Text: Christoph Vratz

Gefördert durch die Kühne-Stiftung, die Behörde für Kultur und Medien Hamburg, die Stiftung Elbphilharmonie und den Förderkreis Internationales Musikfest Hamburg

Stand: 10. Mai 2021

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