»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis

Elbphilharmonie Sessions: Martynas Levickis

Unterwegs mit einer Barkasse: Der litauische Akkordeon-Star spielt live auf der Elbe.

»Der Mann, der kurzerhand das Akkordeon neu erfand«, schwärmt die britische Zeitung »The Independent« über Martynas Levickis. Wie kein anderer bringt der litauische Musiker das Akkordeon auf die großen Bühnen der Musikwelt. Dabei stellt er immer wieder unter Beweis, dass sein Instrument eben mehr ist als schmissige Seemannslieder oder trauriger Tango. Auf seiner »magischen Trickkiste«, wie er sein Akkordeon gerne nennt, spielt Martynas Levickis Bach und Vivaldi ebenso wie Minimal Music von Philip Glass, Lady Gagas Hit »Shallow« ebenso wie argentinischen Tango Nuevo oder Volksmusik aus seiner litauischen Heimat. Unfassbar virtuos und musikalisch, begeistert er damit längst nicht mehr nur die Klassikwelt.

In seiner »Elbphilharmonie Session« live auf der Elbe spielt er einen berührenden langsamen Satz von Bach und einen schaurig-schönen Tango von Astor Piazolla, bevor es mit mitreißender Musik von Philip Glass auf der Barkasse zurück Richtung Elbphilharmonie geht.

»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis
»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Daniel Dittus

Der Künstler

Über Nacht zum Superstar wurde Martynas Levickis, als er 2010 nicht nur die Akkordeon-Weltmeisterschaft, sondern auch die TV-Castingshow »Lithuania’s Got Talent« gewann. Es folgte sein Debütalbum, das direkt in den britischen Klassik-Charts landete. Bis heute erntete er zahlreiche Preise, darunter 2023 einen Opus Klassik als Bester Instrumentalist des Jahres.

»Meine erste musikalische Faszination galt eigentlich dem Klavier. Akkordeon habe ich nie als Option in Betracht gezogen. Aber wir hatten zu Hause kein Klavier und mein Onkel schenkte mir ein Akkordeon – das war's«, antwortet Martynas Levickis auf die Frage, wie er denn zum Akkordeon gekommen sei. Auch wenn es kein Klavier war, entwickelte er schnell eine Faszination für das außergewöhnliche Instrument und versuchte schon als kleiner Junge auf seinem Kinder-Akkordeon Vogelgeräusche nachzuahmen. Als er dann sein erstes Instrument in Originalgröße bekam, musste er vor dem Spiegel üben, um die Tasten zu sehen.

Heute ist der Wahlberliner auf den ganz großen Konzertbühnen unterwegs und ist einer der wichtigsten Botschafter seines Instrumentes. Das Akkordeon-Repertoire bereichert er dabei sowohl mit populären Neukompositionen als auch mit ausgefeilten Arrangements verschiedenster Klassiker von Bach bis Bartók. »Es ist wichtig, dass ein Arrangement so klingt, als ob es für das Akkordeon geschrieben worden wäre. Ich möchte niemals den Klang eines anderen Instruments nachahmen«, erklärt der Musiker.

»Ich will das Akkordeon populär machen und zeigen, dass das Instrument viele Gesichter hat.«

Martynas Levickis

»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis »Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Daniel Dittus
»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis »Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Daniel Dittus
»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis »Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Elbphilharmonie Hamburg
»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis »Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Daniel Dittus
»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis »Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Daniel Dittus
»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis »Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Daniel Dittus
»Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis »Elbphilharmonie Session« mit Martynas Levickis © Elbphilharmonie Hamburg

Weitere Mitwirkende:

Udo Potratz Sound

Julian Conrad Kamera & Edit
David Lössl Kamera-Assistent
Jonah Hollwege Drohne

Julian Conrad, Julika von Werder Produktionsleitung

Die Musik

Was für ein schönes Geschenk: Frisch verheiratet komponierte Johann Sebastian Bach (1685–1750) seiner Frau Anna Magdalena gleich eine ganze Reihe Französischer Suiten – melodienfreudige Abfolgen stilisierter Tanzsätze. Martynas Levickis, der Bach zu seinen Lieblingskomponisten zählt, knöpfte sich die fünfte dieser Suiten auf dem Akkordeon vor und veröffentlichte sie auf seinem gefeierten Album »Autograph« (2023). In seiner »Elbphilharmonie Session« spielt er hieraus den ersten Satz – eine seelenvolle und wunderbar fließende Allemande.

Eine große Liebe zu Bach hegte auch Astor Piazzolla (1921–1992), der wie Martynas Levickis viele von Bachs Werken für sein Bandoneon bearbeitete. Bekannt wurde der argentinische Musiker aber vor allem dafür, dass er den Tango aus den Tanz-Kaschemmen in die Konzertsäle brachte. »Meine Musik gibt zu denken. Denen, die Tango lieben, und denen, die gute Musik mögen«, sagte er selbst einmal. Sein sogenannter Tango Nuevo lässt sich vom Jazz ebenso bereichern wie von klassischer Kammermusik. Es ist keine Tanzmusik, es ist Musik zum Zuhören. Piazzollas Sound eroberte die Welt im Sturm, lieferte die Sehnsuchtstöne für diverse Soundtracks und füllt bis heute Konzertsäle von New York bis Wien. Sein berühmtes Werk »Oblivion« ist ein lyrischer Tango, der 1984 ursprünglich für einen Film des italienischen Regisseurs Marco Bellocchio entstand und inzwischen in verschiedensten Bearbeitungen einen festen Platz im Konzert-Repertoire hat.

Bekannte Filmmusiken komponierte auch Philip Glass (*1937), einer der Urväter der Minimal Music. Mit seiner eingängigen Klangsprache gehört der Amerikaner heute zu den populärsten Komponist:innen überhaupt. Das Geheimrezept: Reduktion und Einfachheit – Minimalismus eben. Nicht zuletzt schufen er und seine Kollegen wie Terry Riley oder Steve Reich damit in den 1960er-Jahren auch einen sehr erfolgreichen Gegenentwurf zur kopflastigen musikalischen Avantgarde. Mit pulsierenden Dreiklängen und Tonwiederholungen lässt Philip Glass ganze Welten entstehen. Soundtracks zu Filmen wie »The Hours« schrieben Musikgeschichte. Auch seine Klavier-Etüden sind schlicht gehalten und entführen ihre Hörer:innen durch geschickte kleinschrittige Veränderungen. »Als ich die Etüde Nr. 6 zum ersten Mal gehört habe, wusste ich sofort, dass ich sie auf dem Akkordeon spielen wollte«, erinnert sich Martynas Levickis, der sich schon als Kind für Philip Glass begeisterte. Gesagt, getan: Wer seine klangstarke Bearbeitung hört, vergisst schnell, dass diese Musik ursprünglich fürs Klavier komponiert wurde.

Der Ort

Mitten im Hamburger Hafen wurde die Elbphilharmonie zum neuen Wahrzeichen der Hansestadt. Die spektakuläre Glasfassade und ihre unverkennbare Silhouette prägen das Stadtbild und begrüßen schon von Weitem jedes Schiff, das sich auf der Elbe nähert. Umgeben von schnellen Elbfähren und großen Tankern schiffern die traditionsreichen Barkassen über den Fluss und zeigen ihren Gästen nicht nur den berühmten Hamburger Hafen, sondern vom Wasser aus auch ganz neue Perspektiven auf die Elbphilharmonie.

Elbphilharmonie Hamburg Elbphilharmonie Hamburg © Maxim Schulz
Die Barkasse »Hanseat« vor den Landungsbrücken Die Barkasse »Hanseat« vor den Landungsbrücken © Barkassen-Meyer

Zur Reihe

Für die Elbphilharmonie Sessions nehmen Künstler:innen exklusive Musikvideos in Elbphilharmonie und Laeiszhalle auf – manchmal auch abseits der Bühnen, an ungewöhnlichen Orten. Hier findet jeder Sound seine eigene Kulisse.

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