Xenia Hausner: Rauminstallation »Fremde in einer stereotypen Welt«

Xenia Hausner: Fremde in einer stereotypen Welt

Über die farbenfrohen Bilder der Wiener Künstlerin Xenia Hausner, die anlässlich des Reflektor-Festivals von André Heller im Foyer des Großen Saals zu sehen sind.

Text: Sebastian C. Strenger, 1. März 2024

Bereits mehrfach kreuzten sich die Wege André Hellers mit denen der österreichischen Künstlerin Xenia Hausner: zuletzt an der Staatsoper Unter den Linden, bei der Heller mit Der Rosenkavalier sein Operndebüt als Regisseur in Berlin gab und dabei auf Hausner setzte, die als Bühnenbildnerin bereits an den großen Häusern in London, Wien und Salzburg gearbeitet hat. Bei seinem »Reflektor« fügt Heller mit Hausners großformatigen, farbkräftigen Gemälden, die im Foyer des Großen Saals riesenhaft an die Wände projiziert werden, dem roten Festival-Faden »Fremd ist der Fremde nur in der Fremde« eine weitere Facette hinzu.

»Meine Motive stehen hier nicht nur für Migration im tagesaktuellen Sinn, sondern ganz allgemein für Wurzellosigkeit und Unzugehörigkeit. Das Nichtankommen ist mir vertraut«, so die Künstlerin über ihre Werkserie »Exiles« (2017). Inspiriert wurden ihre verschiedenen Werke unter anderem durch die Flüchtlingsbewegungen des Jahres 2015. Bilder, die uns durch die digitalen Medien im kollektiven Gedächtnis geblieben sind, hat die Künstlerin vorab in räumlichen Settings mit Modellen aufwendig rekonstruiert, um diese anschließend mit Öl auf die Leinwand zu bringen. Es sind aber auch ihre zahlreichen Werke zu einer überkommenen stereotypen Welt von Geschlechterrollen, die Gefühle von Fremdheit vermitteln und die die Künstlerin in den vergangenen drei Dekaden zu einer Wegbereiterin internationaler Genderkunst werden ließen.

»Fremde in einer stereotypen Welt« :Rauminstallation vom 16. bis 24. März 2024 im Foyer Großer Saal

Xenia Hausner: »Fremde in einer stereotypen Welt« Xenia Hausner: »Fremde in einer stereotypen Welt« © Sophie Wolter
Xenia Hausner: Rauminstallation »Fremde in einer stereotypen Welt« Xenia Hausner: Rauminstallation »Fremde in einer stereotypen Welt« © Sophie Wolter
None
Xenia Hausner: Rauminstallation »Fremde in einer stereotypen Welt« Xenia Hausner: Rauminstallation »Fremde in einer stereotypen Welt« © Sophie Wolter
None
None
None
None
Xenia Hausner: Rauminstallation »Fremde in einer stereotypen Welt« Xenia Hausner: Rauminstallation »Fremde in einer stereotypen Welt« © Sophie Wolter

Bereits seit den 1990er Jahren folgt Hausner in ihrer Malerei einem intensivierten Diskurs um Kunst und Gender. Dabei standen für sie von jeher die Verschränkungen von Geschlecht und geografischer Herkunft im Blickpunkt. Ihre großformatigen farbigen Bilder werfen wie selbstverständlich Fragen zum Bildungskapital auf, ebenso wie zu den sich stetig verändernden gesellschaftlichen Machtverhältnissen in der Welt. Oft beherrschen Alltagsszenen ihre Bilder, wie bei »Cage People« (2014). Es zeigt chinesische Wanderarbeiter in Hongkong, die in winzig kleinen, käfigähnlichen Verschlägen hausen. Ihre gemalten Körper erheben sich aus einer modernen Dystopie, die die Internet-Ära, deren zeitgenössische Kultur und ihre Tabus scheinbar unaufgeregt widerspiegelt.

Xenia Hausner
Xenia Hausner © Robert Rieger für Egon Zehnder

Innerhalb ihrer Vielzahl von Narrativen und teils unergründlichen Reihungen wird, bei der Darstellung des Geschlechts, der Körper auch zuweilen zum Objekt der Begierde, der Erotik und Verletzlichkeit, wie in »Stranger Things« (2022). Die in ihren Werken allgegenwärtig stattfindende Fremdheit verweist dabei oft auch auf Grenzziehungen und Grenzüberschreitungen, ebenso wie auf Abenteuer und Angst. Die Rolle, die Geschlechterbilder in der Entstehung von Fremdheit spielen, wird von der Künstlerin in Werken wie »Ken Park« (2016) immer wieder hinterfragt.

»Exiles 1« »Exiles 1« © Xenia Hausner
»Stranger Things« »Stranger Things« © Xenia Hausner
»Ken Park« »Ken Park« © Xenia Hausner

»Ich habe Xenia Hausner oft beobachtet«, so ihr langjähriger Freund André Heller. »Sie sieht mehr und anders als die allermeisten Frauen und Männer. Wahrscheinlich besitzt sie nicht nur ein drittes Auge, sondern auch ein Viertes und Fünftes. Unter die Haut kann sie blicken und auf den Grund der Menschen. Dort offenbaren sich deren Nöte, das Ungetarnte, das vom Schein unbelästigte Sein. Über diese schmerzhaften Entdeckungen geben Hausners sich in unser Gedächtnis eingrabende Bilder Zeugnis. Das ist eine bedeutende und in dieser berückenden Form, meines Wissens, absolut singuläre Leistung in der zeitgenössischen Malerei«.

Hausners Werke finden sich heute weltweit in bedeutenden öffentlichen und privaten Kunstsammlungen. Aktuell zeigt sie Großsammler Reinhold Würth in seinem Museum im norwegischen Oslo, auch in der Albertina in Wien, dem PalaisPopulaire in Berlin, dem Kunstmuseum Shanghai und weiteren renommierten Galerien und Museen von Moskau über Florenz bis New York waren ihre Werke zuletzt zu sehen. Xenia Hausner zählt in der figurativen Malerei zu den wichtigsten Vertreterinnen der Genderkunst.

Reflektor André Heller: Konzerte im Großen Saal

Mediathek : Weitere Beiträge

Video abspielen

: Elbphilharmonie Sessions: Pablo Barragán

Für eine ganz besondere »Elbphilharmonie Session« bringt Weltklasse-Klarinettist Pablo Barragán das Hamburger Mahnmal St. Nikolai zum Klingen.

Krieg und Frieden in der Musik

Wie spricht Musik vom Krieg? Und wie klingt Frieden? Ein Essay.

Alan Gilbert dirigiert Beethoven und Schönberg
Video abspielen

Video on Demand vom 3.5.2024 : Alan Gilbert dirigiert Beethoven und Schönberg

Unter der Leitung seines Chefdirigenten präsentiert das NDR Elbphilharmonie Orchester Schönbergs »Ein Überlebender aus Warschau« und Beethovens berühmte Neunte Sinfonie