Ganz Wien

Neue und alte Wiener Lieder, dargeboten von den kreativsten Köpfen der lokalen Szene

© Stefanie Katzinger

Der Wiener Schmäh ist nicht nur in Wien weltberühmt. Nur kann niemand so recht sagen, worum es sich dabei eigentlich handelt. Der Wiener selbst würde mit leicht leidendem Akzent über die hohe Kunst des Suderns und Raunzens dozieren, aber damit wäre dem Piefke von Auswärts ja auch nicht geholfen. Die Hilfsbegriffe »schwarzer Humor« und »indirekte, ironische Sprache« können ihn allenfalls unzureichend umschreiben. In jedem Fall gehört der Schmäh zur schönen Donaumetropole wie der G’spritzte beim Heurigen oder der grantige Ober im Kaffeehaus. Auch in der traditionellen Musik der Stadt ist er präsent, besonders im »Wienerlied«.

Unter all den bedeutenden künstlerischen Entwicklungen, die hier im Laufe der letzten Jahrhunderte ihren Ausgang genommen haben, handelt es sich dabei um ein spezielles Phänomen. Welche Stadt kann schon von sich behaupten, eine eigene, nach ihr benannte Musikgattung zu haben? Um 1800 entstanden, vereint das Wienerlied Einflüsse von Straßenmusik, Gassenhauern, Kunstlied, Operettensong und Kabarett. Seit jeher dreht es sich um urwienerische Themen wie Tod, Liebe und Wein.

Es bildet, wie der bei Falco entlehnte Festivaltitel »Ganz Wien« sagt, wirklich das ganze Leben der Stadt ab. Auch heute wird es noch in allen Spielarten gepflegt. Gerade in den vergangenen Jahren erweitert eine neue Generation von Interpreten den Blick – und verleiht dem Genre inhaltlich wie musikalisch neue Attraktivität. Musiker wie Die Strottern, Der Nino aus Wien oder 5/8erl in Ehr’n entwickeln ihre eigene Form des Wienerlieds, ohne Berührungsängste vor benachbarten Genres wie Jazz, Blues und Pop.

Ernst Molden verbindet poetische Texte im Dialekt mit musikalischen Vorbildern wie Bob Dylan und Tom Waits. Gemeinsam mit Willi Resetarits, einer der prägendsten Figuren der Wiener Musikszene, singt Molden zu Knopfharmonika und Gitarre seine Wiener Lieder in einer Mischung aus Larmoyanz, Gemütlichkeit, Todessehnsucht und völliger Entspanntheit. Sigrid Horn, eine starke Stimme der Protestsongszene, und die nach Wanderjahren quer durch Europa in Wien picken gebliebene Alicia Edelweiss erweitern die Tradition durch ihre ganz persönlichen Einflüsse.

Und wie kongenial sich die Musik der Strauß-Familie mit der urbanen Form des Jodelns, dem Wiener Dudeln, verbindet, das beweisen die Neuen Wiener Concert Schrammeln und bringen so einen Hauch von Heurigenatmosphäre in die Elbphilharmonie.

Gefördert durch den Freundeskreis Elbphilharmonie + Laeiszhalle e.V.