Hamburger Camerata

Metamorphosen

Diese Veranstaltung liegt in der Vergangenheit! 23 | 27 | 31
Diese Veranstaltung liegt in der Vergangenheit! 23 | 27 | 31

Was passiert, wenn man den homogenen Streicherchor in seine Einzelstimmen auflöst, wenn ein Komponist statt für Streichorchester für eine Gruppe von Solostreichern komponiert? Dieser Frage gehen jeweils auf ihre eigene Art die beiden Werke nach, die den Rahmen des November-Konzerts der Hamburger Camerata bilden. György Ligeti wurde berühmt mit dem unverwechselbaren Sound seiner zarten Tongespinste. Für diese Musik, die klingt wie aus feinen Spinnfäden gewoben, erfand er den Namen »Mikropolyphonie«. In »Ramifications« (Verästelungen) trieb Ligeti diese Idee auf die Spitze: Er teilte das Ensemble in zwei Sextette auf, die um einen Viertelton gegeneinander verstimmt sind. Im Zusammenspiel ergibt sich eine Musik in der Schwebe, in der bekannte Klänge ungehörte Färbungen annehmen und sich völlig neue Perspektiven auftun. Einen »Widerschein meines ganzen vergangenen Lebens« nannte der 82-jährige Richard Strauss seine Studie »Metamorphosen«. Tief erschüttert vom Bombardement der Städte Dresden und des »bayerischen Pompeij« München schrieb Strauss hier einen Abgesang auf die europäische Musikkultur, als deren letzter großer Erbe er sich empfand. In diesem fein verästelten Musikstrom für 23 Streicherstimmen verwandeln sich die Motive ununterbrochen, und doch hat man stets das Gefühl, irgendwie Vertrautes zu hören. Erst am Schluss legt Strauss mit einem Zitat die Quelle dieses Klangflusses offen. Es ist der Trauermarsch aus Beethovens »Eroica«. Inmitten dieser komplexen Streicher-Studien steht als Gegenpol Mozarts Oboenkonzert C-Dur KV 314. Ein »Mittelding zwischen zu schwer und zu leicht« nannte Mozart einmal seine Konzerte und prägte damit selbst die Formel für seine raffinierte Klassizität. Eine Tugend, die noch 200 Jahre später György Ligeti zu schätzen wusste: »Die Einfachheit bei Mozart und Schubert liebe ich über alles. [...] Ist also Komplexität ein Wert an sich, oder ist Einfachheit ein Wert an sich? Ist die ›Zauberflöte‹ einfach?«

Besetzung

Hamburger Camerata

Stefan Schilli Oboe

Leitung Simon Gaudenz

Programm

Bekenntnisse im Spiegel der Zeit

György Ligeti
Ramifications

Wolfgang Amadeus Mozart
Konzert für Oboe und Kammerorchester C-Dur KV 314

Richard Strauss
Metamorphosen / Studie für 23 Solostreicher AV 142